PM: KERMIT – Stellungnahme des VHS

Sehr geehrte Frau Benzing,

grundsätzlich wendet sich der „Verband Hamburger Schulleitungen“ gegen jede Form innerschulischen und außerschulischen Rankings. Aber eine förderliche Transparenz können wir uns auch im Zusammenhang mit dem KERMIT-Verfahren gut vorstellen.

Historisch betrachtet war KERMIT als ein Verfahren gedacht, mit dem die Grundlagen geschaffen wurden, um Lehrkräfte mit einer strukturellen Rückmeldung über die Ergebnisse ihres Unterrichts zu informieren. Natürlich sollten die Ergebnisse auch dazu dienen, Curricula bzw. Unterrichtsmethoden auf den Prüfstand zu stellen und deren Qualität im Interesse der Schülerinnen und Schüler zu optimieren.

Diesen Sinn erfüllt KERMIT auch heute noch und wird daher auch weiterhin gerne genutzt.

Die Auseinandersetzung Mit KERMIT-Ergebnissen findet in allen Schulformen hauptsächlich

  1. in den Klassenteams
  2. in den Jahrgangsstufen
  3. in den Lernentwicklungsgesprächen
  4. in den Statusgesprächen
  5. und beim Übergang in die weiterführende Schule
  6. bzw. andere Schulformen statt

Bei Bedarf kann auf Fragen der Eltern auf einem Elternabend, im Elternrat und bei den Lernentwicklungsgesprächen Bezug genommen werden und konkret geholfen, geantwortet oder erklärt werden. Auch die Beteiligung der Elternvertreter bei Zeugniskonferenzen ist eine Möglichkeit, die Qualität der Unterrichtsergebnisse auf der Basis von KERMIT zu beleuchten, zu erklären und, wenngleich anonym, einzuschätzen.

Schülerinnen und Schüler werden im Rahmen der Lernentwicklungsgespräche, der Kinderkonferenzen bzw. Schülerratssitzungen und bei Zeugnisgesprächen angemessen einbezogen. Klassenlehrer, Fachlehrer, Sonderpädagogen und Vertrauenslehrer bieten die Gewähr für eine personenbezogene und datenschutzrechtlich abgesicherte Vermittlung an alle beteiligten Personen und Bezugsgruppen.

KERMIT verschafft für diese grundlegende Aufgabe von Schule, trotz aller Vorbehalte gegen statistische Verfahren, den erforderlichen Außenblick. Die Vielfalt der Hamburger Schullandschaft, die sich nicht zuletzt in der Zuteilung von Sozialindices und verschiedensten Lernausgangslagen widerspiegelt, lässt allerdings eine Hamburg weite Vergleichbarkeit nicht zu.

KERMIT kann nur in Hinblick auf eine Überprüfung von Lernausgangslagen seine eigentlich gewollte Wirkung entfalten. Nur im Vergleich mit Lernfortschritten des einzelnen Kindes bzw. ganzer Klassen von „Messpunkt zu Messpunkt“ macht dieses Verfahren Sinn. Lernzuwachs ist das gewünschte Ergebnis!

Schon heute steht es den Elternvertretern, Elternräten und auch Schülerräten frei, sich für diese Ergebnisse zu interessieren und Fragen zu stellen.

Eine Bürokratisierung dieses eigentlich sinnvollen Verfahrens bringt aus heutiger Sicht keinen zusätzlichen Gewinn. Die erforderliche Transparenz ist in vollem Umfang gewährleistet.

Die Schulkonferenz ist schon heute das demokratische Schulgremium, das in allen Fragen auf der Basis des Schulgesetzes diskutiert und Entscheidungen zum Wohl von Schülern und Schule trifft.

Damit ist aus unserer Sicht die regelhafte Information aller an Schule Beteiligten schon jetzt gewährleistet. Es Bedarf keiner weiterer Verfahren um dieses gut funktionierende System zu verändern.

Wir warnen eindringlich vor einer zunehmenden Tendenz Momentaufnahmen des schulischen Alltags in die Öffentlichkeit zu tragen. Unter dem Aspekt der Qualitätsverbesserung und scheinbarer „Objektivität“ und Vergleichbarkeit, bei denen es sich tatsächlich aber um punktuelle Messungen handelt, wird schulischer Qualitätsentwicklung ein Bärendienst erwiesen. Warum? Weil die KERMIT-Ergebnisse von einer nicht pädagogischen Öffentlichkeit als ein Merkmal gesamtschulischen Erfolgs oder Misserfolgs gewertet werden und damit einen Ranking-Charakter bekommen, was keinesfalls dem Sinn der KERMIT-Testungen entspricht.

Zur Qualitätsentwicklung bietet die Schulinspektion ausreichend Möglichkeiten – gerne auch mit zusätzlicher Hilfe von KERMIT – die Bildungs- und Erziehungsqualität aller Schulformen stetig zu überprüfen und damit zur Weiterentwicklung von Schul-Qualität beizutragen.

Für KERMIT hingegen sind weitere Formalisierungen nicht zielführend, sondern erfordern lediglich zusätzliche Zeit und binden Arbeitskraft, die dringend direkt „am Kind“ gebraucht wird. Durch die Vergrößerung der Öffentlichkeitsplattform jedoch werden Lernfortschritte von Schülerinnen und Schüler weder verbessert noch beschleunigt.

Wir sehen daher in den angedachten zusätzlichen Verpflichtungen, in Hinblick auf weitere Formen von Veröffentlichungen schulischer KERMIT-Ergebnisse keinerlei Gewinn für die Zielpersonen – die Schüler – und lehnen das angedachte Vorgehen deshalb nachdrücklich ab.

Mit kollegialem Gruß

Stephan Kufeke – 1. Vorsitzender
Ulrike Hastedt – 2. Vorsitzende
Nina Löb – Rechnungsführerin

Hamburg, den 15.10.2015